Anfang Juli startete Sportsfreund René Orth beim Dolomiten-Marathon. Wie es ihm erging könnt Ihr hier nachlesen!
Die Dolomiten – eine Nachlese
das war sie dann also, die 30. Auflage des ,Maratona dles Dolomites.
Geboren wurde meine Teilnahmeidee im vergangenen Jahr während des Ötztalmarathons, das heißt kurz vorm Start und vor den von der dortigen Schützengilde abgefeuerten Saluteschüsse. Damals erwähnte ein Deutscher Teilnehmer die Schönheit und Kompaktheit dieses Marathons.
Auch für diese Teilnahme gilt das Glück bei einer Lotterie, deren Gesetze ich wohl nie verstehen werde. Beim Ötzi bewarb ich mich drei mal vergeblich, um an das erste Ticket dann nach Zögern über eBay zu ersteigern. Nunmehr wurde ich gleich im ersten Anlauf ausgelost und relativ früh hätte ich mit den Planungen beginnen können. Tat es nicht und deshalb wurde es zum Frühjahr auch etwas hektisch. Start und Ziel sind bei diesem Event verschieden, jedoch nicht weit entfernt. in La Villa wird gestartet und dort fanden auch die Anmeldung und das Rahmenprogramm statt.
Die Unterkunft in Corvara war sehr traditionell, internationale Besetzung sozusagen. Zwei nicht Fußball interessierte Holländer, ein Wiggenstyp aus dem frischen Brexitland und einige Italiener vervollständigten den Frühstückstisch.
Zur Anmeldung wollte ich die paar km mit dem Rad fahren, Beine ausschütteln nach der Zugfahrt bis München, der Stundenflucht ins Hotel, um dann weit ab das Mietauto abzuholen, weil in Ermangelung einer Kreditkarte nur Buchbinder in Frage kam. Flucht ins Hotel deshalb, weil ich nach Mitternacht in München ankam und mir ursprünglich die Zeit bis zum Abholen des Autos dort vertreiben wollte, mir ein alkoholgeschwängerter Bahnhof mit jungen Nordafrikanern und auch Deutschen Angst bereitete. Ein telefonischer Kontakt zu einem fußläufig gut erreichbaren Hotel und akzeptablem Preis war mir dann sicherer. Von dort mit einem Taxi zum Autoverleih, der Radkoffer passte hinein und schon musste ich die Vignette für Österreichs Autobahn kaufen, um dann die fällige Maut für den Brennerpass, wohlgemerkt zunächst für eine Richtung, zu kaufen. Die Italiener waren da etwas moderater im Preis. Merklich ging es in die Höhe, Corvara liegt schon auf 1400 m. Die ganze Region feierte sich und alle Beteiligten schmückten ihre Pensionen oder Geschäfte mit Fahnen und Spruchbändern, ein gutes Gefühl für das Willkommensein und zugleich auch für die eigene Anspannung.
Verglichen mit der Teilnehmerzahl beim Ötzi ist das hier eine Riesennummer. War ich es gewohnt dort rasch mein Starterpaket zu bekommen, durfte ich mich ähnlich wie beim „Check in“ im Flughafen durch die mit Bändern versehenden Absperrungen anstellen. Das Rad hatte hier nichts zu suchen, also das Wagnis eingehen und einer dort wartenden italienischen Bergziege die Aufsicht in der Hoffnung zu übertragen, er würde durchhalten. Das tat er natürlich nicht, mein Rad war dann nach 20 bangen Minuten noch da. Zu meiner Überraschung befanden sich im Starterpaket neben den üblichen Dingen auch und schon vorab das Finisher Trikot und eine passende Weste. Auch das war irgendwie schön anders. Auf dem Rückweg noch einige Lebensmittel gekauft, um gut bepackt die ersten Regentropfen genießen zu dürfen. Alles war entspannt und am 2.7. nahm ich das holländische Angebot einer Ausfahrt an. Sie wollten die Sella Ronda, lockere 50 km mit 2000 HM fahren. Ich hatte vor, sie nicht komplett zu fahren und umzukehren. Der Jüngere von beiden, jünger auch als ich, fuhr im Ulle Stil die ersten beiden Pässe (Campognolo und den Pordoi) hoch, bei ihm zu bleiben war mir zu riskant. Verabredungsgemäß trafen wir uns oben. So wollten wir es auch nach einer Abfahrt handhaben, doch das klappte nicht. Aus zwei Gründen nicht. Erfahrungsgemäß ist man als Radler ja schneller als ein Auto, doch dieser altersstarrsinnige Fiestafahrer hatte absolut etwas dagegen. An dem Abzweig zum nächsten Pass (Gardena so wie die soliden Gartengeräte) waren keine Holländer auszumachen, weshalb ich weiter bergab fuhr, während die zwei Herren den Gartengeräten huldigten, versuchte ich einen Dieselbetrüger SUV mit Hänger zu überholen, was nicht glückte und ich feststellen musste, viel zu weit schon von Corvara abgekommen zu sein. Also den Weg zurück und über den Gardena und hier und da einige Sportler überholt, eine ungarische Truppe auch und da gab dann Zeus alles. Trotz Windjacke und Regenüberschuhen blieb nur das Handy dank einer Tüte trocken. Ein Gewitter in der Höhe hat bei mir Eindruck hinterlassen, anhalten wollte ich nicht, war ja irgendwie ohnehin pitsche nass. Die Abfahrt vom Gardena war für mich dann allerdings eine Grenzerfahrung. Ich fror arg und bemerkte das Nachlassen meiner eigenen Bremskräfte, die Hände waren gegen mich und so schliff ich die neuen Bremsgummis gut ein und hobelte nebenbei die Bremsflanken etwas ab. Hinzu kamen dann noch ein ausgekühlter Körper und Muskeln, die komisch vor Kälte zuckten. 1/4 h heiß duschen war dann meine (Er) Rettung. Dann freute ich mich auf die Zielankunft der Tour mit dem allseits bekannten Ergebnis.
Die Entscheidung über den ersten Gelbträger der diesjährigen Tour war schneller als die Beantwortung der Frage, ob ich mir mit diesem Ausflug einen Gefallen getan habe und mir nicht etwa Einen in den Schuh gefahren habe.
Die Nacht war dann kurz und zerrissen, der Morgenkaffee um 5 Uhr einte uns internationale Fahrer dann. Jeder fuhr so los, dass er den Start rechtzeitig erreichte. Nun befand ich mich schon auslosmäßig im Warsteiner Block, doch dorthin ging es von hinten, also anstellen. Ein schmales Sträßchen diente den zigtausenden Fahrern zur Startaufstellung. Es dauerte dann eine halbe Stunde ab Start bis meine Zeitmessung aktiv wurde. Die Beine waren nicht schwer und das war beim ersten Pass auch nicht von Bedeutung, weil der Weg dort hoch zugestopft war, zugestopft mit Wacklern, die ihre Linie nicht halten konnten oder wollten, mit Anhalten weil irgendwer, na ihr wisst schon.
Kalt konnte mir nicht werden, es ging ja bergan und sollte Zeus wieder alles geben, ich war gerüstet und brauchte keinen zweiten Schutz, im Verlaufe legte ich die Beinlinge ab.
Die ersten Abfahrten waren dann auch sehr schwierig, weil noch viele Fahrer unterwegs waren und jeder so seine Kurven(un)Technik mitbrachte. Im Gegensatz zu den Carbonlaufrädern konnte ich später anbremsen und sah dann auch auffallend viele mit Platten. Ob nun hitzebedingt ist fraglich. Unfälle übler Art sah ich auf der kompletten Tour keine, drei bis vier waren dann schon im Rettungswagen versorgt, ihre Räder allerdings und vorderradtechnisch hinüber, weil bei den Abfahrten falsch vom Rad gestiegen.
Übermütig begab ich mich nicht in die Abfahrten, einige der jüngsten Begegnungen mit Behinderten hielten mich ab, auf einige Sekunden zu verzichten.
Ich fuhr sehr ordentlich mit, die, die mich überholten, hatten es drauf, erblickten aber auch weit nach mir das Radsportlicht dieser Welt. Ich muss hinzufügen, dass ich natürlich das Fußballlicht zunächst entdeckte und erst viel, viel später umstieg. Ein Weiser des Doberaner Radsports prognostizierte mir noch vor meiner Pubertät: Orth, du kannst was werden. Dafür musst du aber aufhören immer diesem Ball hinterher zu jagen.
Zurück zum Marathon. Mir fiel wieder einmal diese Stille auf, kaum wird erzählt, was angesichts der Fahrer aus 65 Nationen aus 5 Kontinenten nun nicht verwundert. Aber sie waren alle konzentriert, kamen sie nun mit edlen Gefährten daher oder mit den üblichen Vielfahrerrahmen, die den Putzlappen selten sehen. Es war für Technikpuristen wieder eine Augenweide, sowohl die Rahmenkunst als auch die Laufradentwicklung zu sehen und zu hören. Auffallend viele italienische Rahmen, die „Specializden“ aus Amerika natürlich auch in jüngsten Modellen am Start. Viele Pinarellos und das wohl Dank der Jungs von Sky. Im Radkeller meines Quartiers stand ich dann vor einem Dogma F8. Das ist dann mal eine Hausnummer, von der Lackierung über Geometrie ein Genuss, allein der dann recherchierte Rahmensetpreis verschiebt die Realisierung in das Alter, in dem man sich für das letzte Auto entscheidet.
Neben diesem angenehmen Mix an Rahmen war ja auch eine Vielfalt an Protagonisten am Start. Ganze Freizeitteams mit eigenen Verpflegungsständen und markierten Beutelchen, über solche mit Rucksack und allerlei Taschen am Rahmen, nur zu dem Zwecke Gel und diverse Riegel gegen Krämpfe und Ermüdungen zu horten. Die Anwesenheit zweier Menschen allerdings ist erwähnenswert und das aus zwei Gründen. Eine kleinwüchsige Frau fuhr straff mit und es wirkte schon befremdend, du fährst da mit und neben dir diese Tracy auf einem geschrumpften Kinderrennrad und dort war der Sattel auch noch irgendwie vorgezogen angebracht. Dann fiel mir ein Herr auf, der auf der 111 er Runde unterwegs war und das mit einem Tourenrad, geradem Lenker und dünnen Rädern. Warum ich es erwähne? Er fuhr ohne Sattel und das Sattelrohr war demonstrativ zugeklebt. Seine Beine waren gewaltig, Wie man das wohl nennen mag?
Ich kam ohne Mühen über die Pässe und gönnte den Verpflegungsstationen keine ausgiebigen Zeiten, nur Wasser nachfüllen und dann eigenes Pulver hinein. Zwei Stücken Kuchen mussten es an der letzten Station allerdings sein, lecker.
Nach einer solchen Station und im Begriff Fahrt aufzunehmen, wollte ich das Geräusch des plötzlichen Luftverlierens einem Nebenmann zuschreiben bis ich aber schnell Gewahr wurde, das sich mein Vorderrad rasant leerte und ich am Rand nicht gut halten konnte. Die Decke war neu, allerdings das Felgenband von Schwalbe auch und vermutlich für die Tubless Felgen von ZTR ungeeignet. Das Band verrutschte, vermutlich durch Wärme und viel zu schmale Ausmaße. Dann suchte sich der Schlauch eine Speichenkopföffnung. Als Fatalist habe ich ja stets zwei Schläuche dabei und vermurkste den Ersten trotz Kontrolle, ob auch nichts verklemmt war. Komm René, noch 10 Pumpenhübe, dann fix weiter. Gottlob knallte es dann und nicht bei der Abfahrt. Das Felgenband habe ich natürlich neu gelegt, wohlig war mir dabei nicht und so fuhr ich die Abfahrten bremsend mit der Hinteren, nur zur Not mit der Vorderen. So fuhren viele, viele an mir bergab vorbei, einige sollte ich dann bergan wieder begegnen, so gleicht sich Manches aus.
Die Pässe (Campolongo 2 x, Pordoi, Sella, Gardena, Arabba, den Passo Giau [2236m] und Valparola schaffte ich recht ordentlich, meine Grundlage war also ausreichend. Einzig die MUR DL GIAT war dann eine harte Nuss, ein Blick auf meine Prozentanzeige kurz verriet 19 und das war dann Giro feeling, enge Straße und viel Werbung und Menschen, die dich anfeuerten. Als dann die Zeitnahme per Signal ertönte war ich froh, sehr sogar, denn es sollten noch einige Kilometer kommen und ein richtiger Zug sollte sich nicht finden, die, die dort fuhren waren am Ende und so zog ich noch einige hinter mich her. Auf der Zielgraden beendete ich das allerdings, wenn ihr versteht.
Im Ziel gab es dann eine Medaille, ruck zuck wurde die Transponderabgabe abgewickelt und es gab 10€ zurück oder ein gut gestyltes Base Cup in den diesjährigen Mottofarben.
Pasta und Freigetränk im Eisstadion gab ich mir dann nicht, denn wenn Tausende sich da zwängen, weil ein Wertbon eingelöst gehört, dann ohne mich. Die 2. Etappe war dann ganz nach dem Geschmack des aktuellen Weltmeisters, André schaffte es am Folgetag leider auch nicht, Haaresbreite bleibt Haaresbreite, schade, dabei war die Etappe so etwas von langweilig, einzig das Finale war dann spannend.
Die Beine etwas schwer aber mit einem guten Erlebnis bin ich jetzt kurz vor Rostock, freue mich auf das Umfeld, gewohnte Strecken und Euch als treue Trainingspartner.
Wäre ich in der hiesigen Partnerschaft nicht so glücklich, ich würde in die Berge ziehen.
Bis bald Euer René